Theaterprojekt: Der Schatten und die Meerjungfrau
„Auf dem Grunde der Dinge ist alles Phantasie“ (Alfred Kubin)

Theaterarbeit ist im besten Falle eine äußerst kreative Teamarbeit, in der jeder seine Fähigkeiten entdecken und einbringen kann. Als Leiterin der Theatergruppe ist es mein besonderes Ziel, Schüler unterschiedlichen Alters, professionelle Partner und Lehrerkollegen in einen gemeinsamen künstlerischen Prozess zu bringen. Mein Wahlkurs „Schyren-Theater“ besteht aus 21 Schülern im Alter zwischen 12 und 19 Jahren, der Profitänzerin und Choreographin Elvia Ihne-Landesberger und in diesem Jahr Claudia Fabrizek.

In diesem Jahr wurde es auf unserer improvisierten Schyren-Theaterbühne märchenhaft. Ein junger Schriftsteller
schickt seinen Schatten in ein verwunschenes Haus, in dem vor langer Zeit ein kleines Mädchen ertrank. Der Schatten verlässt ihn daraufhin, trifft die Poesie und beginnt, ein Eigenleben. Nach Jahren treffen beide aufeinander. Ein Kampf um die Fantasie beginnt. Wer wird die Geschichte des kleinen ertrunkenen Mädchens zu welchem Ende schreiben?

Nachdem wir im letzten Jahr mit Schimmelpfennigs Stück einen ehr düsteren Blick auf das Gefüge menschlichen Zusammenseins bearbeiteten, wünschte sich die Gruppe etwas Romantischeres, Lebensbejahendes. Märchen sei optimal, so entschied die Gruppe und noch besser wäre es, wenn wir unser eigenes Stück entwerfen könnten.

Wir begannen also, Märchenbücher zu wälzen, um nach interessanten Motiven zu suchen und stießen auf die beiden Märchen von H.C Andersens „die kleine Meerjungfrau“ und „der Schatten“. Mit meiner Kollegin, Claudia Fabrizek konnten wir eine begeisterte Schriftstellerin gewinnen. Sie trat kurzerhand unserem Team bei und begann, unsere fragmentarischen Ideen zu einer Geschichte zu verweben.

Nun begann eine enge Zusammenarbeit zwischen Autorin, Regie, Choreografie und Schauspielern. Unser Stück wuchs und veränderte sich permanent, während wir Szene um Szene zum Leben erweckten. Wir konturierten und diskutierten Figuren und Beziehungskonstellationen und begannen, atmosphärische Bilder für die Meeresszenen zu entwerfen.

Ein dreitägiger Probenaufenthalt im Dezember verschaffte uns die notwendige Zeit und Konzentration, um ein erstes Mal alle Szenen zusammenzusetzen. Danach ging es ans Feilen und Putzen: Sprache und Ausdruck mussten verbessert, das Geschehen auf der Bühne differenziert ausgearbeitet werden, Szenenübergange waren zu finden und einzustudieren. Nachdem ich ein Konzept für Bühnenbild und Kostüm entwickelt hatte, begann parallel das Nähen und Bauen. Auch hierbei arbeiteten Schüler und Lehrer Hand in Hand. Weite ging es mit Planung und Umsetzung eines Licht- und Tonkonzeptes mit einer weiteren Schülergruppe unseres Gymnasiums.

Viele Stunden des intensiven Probens forderten die Ausdauer und Geduld aller Beteiligten. Wir erlebten nicht nur, dass Theater viel Freude bereitet, sondern wir erfuhren auch mal wieder, wie viel Disziplin und Einsatzbereitschaft gefordert ist.

Am Ende lohnt sich alle Mühe, denn nicht nur der Applaus lässt die Kinder wachsen. Es ist wohl vor allem die Erfahrung, an einem derart intensiven Gestaltungsprozess beteiligt gewesen zu sein, darin die eigenen Grenzen zu überschreiten und gleichrangiges Teil einer Arbeitsgemeinschaft zu sein. Auch das ist Schule!
- Weitere Fotos: Flickr Album
- Zeitungsartikel: http://www.hallertau.info/hallertau.info/index.php…
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